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Google Arts & Culture

Into the Deep: Mit Google Arts & Culture auf Forschungsreise in die Antarktis

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Um die Natur zu bewahren, müssen wir sie verstehen – sie aus jedem Winkel betrachten, erfassen und erforschen, auch an Orten, die für uns nicht auf den ersten Blick sichtbar sind, zum Beispiel 3.500 Meter unter dem Meeresspiegel. Mit diesem Ziel ist das Forschungsschiff ‘Polarstern’ in den polaren Regionen unseres Planeten unterwegs. In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen haben der Fotograf Holger und die Autorin Stephanie von Neuhoff die ‘Polarstern’ auf einer ihrer Reisen begleite und lassen euch nun auf Google Arts & Culture mit ‘Into the Deep’ hinter die Kulissen des größten Eisbrechers der deutschen Forschungsflotte blicken: außergewöhnliche Fotografien, 360°-Bilder, Interviews und Reportagen dokumentieren die Expedition in die Gewässer rund um Südgeorgien und die Südsandwich-Vulkaninseln, und nehmen euch mit auf die Reise bis an die tiefsten Stellen des Meeres. Einige Ausstellungen wurden mit Audiokommentaren des Künstlers Christopher von Deylen aka Schiller begleitet.


Um den Meeresboden der Antarktis zu erkunden, konnten die Wissenschaftler erstmals den ferngesteuerten Tauchroboter MARUM-QUEST einsetzen, um Hydrothermalfelder zu entdecken, „Schwarze Raucher“ zu beobachten sowie Proben zu nehmen, die zur Erforschung von heißen und kalten Quellen verwendet werden. Zum Thema ‘Into the Deep’ zeigt die Online-Ausstellung aber nicht nur das Leben und die Arbeit an Bord, sondern auch die Menschen dahinter, wie zum Beispiel den Kapitän Moritz Langhinrichs oder den Fahrtleiter der Expedition und Professor am MARUM, Dr. Gerhard Bohrmann. Er hat mittlerweile an mehr als 50 Schiffsexpeditionen auf allen Weltmeeren teilgenommen, zehn davon auf der ‘Polarstern’. Was seine eindrücklichsten Erinnerungen der Meeresexpedition sind, welchen Beitrag die Forschung für den Naturschutz leistet, und warum ihm daran liegt, Forschungsergebnisse im digitalen Raum zu präsentieren, hat er im Gespräch erklärt:

Wie kann man sich den Alltag eines Expeditionsleiters auf der Polarstern vorstellen?  

Als Fahrtleiter bin ich der Ansprechpartner für alle Expeditionsteilnehmer. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Kommunikation zwischen der Wissenschaft und der Schiffscrew. Es müssen Entscheidungen getroffen werden über den Einsatz der Großgeräte, Probenahmen und Experimente. Alle Arbeitsstationen müssen zudem zeitlich exakt getaktet werden. Gleich nach dem Frühstück gibt es eine Brückenrunde mit dem Kapitän und seinen Offizieren sowie der Bordwetterwarte, denn Sicherheit und Wetter spielen bei allen Arbeiten auf See eine große Rolle. Gearbeitet wird rund um die Uhr und als Fahrtleiter kann mich jeder auch mitten in der Nacht aus dem Bett holen.

Foto von Arbeitern an Bord der Polarstern

Welche Technik kommt bei einer Expedition zum Einsatz?  

Es gibt sehr viele wissenschaftliche Geräte zur Beobachtung und Untersuchung der Ozeane. Auf meinen Fahrten versuche ich, möglichst einen Tauchroboter an Bord zu haben. Diese ferngesteuerten Unterwasserfahrzeuge können über viele Stunden in mehreren Tausend Metern Tiefe arbeiten. Gebiete, die wir zuvor mit den Echolotsystemen des Schiffes kartiert haben, können wir so gezielt ansteuern und genauer untersuchen. Auf unserer letzten Fahrt haben wir auch einen Videoschlitten eingesetzt sowie Schwere- und Kolbenlote, mit denen wir Sedimentkerne aus dem Meeresboden ziehen konnten. Mit einem Forschungsschiff können wir aber immer nur für eine kurze Zeit an einer Stelle im Ozean Daten erheben. Wir müssen direkt dort hinfahren und dann muss auch noch das Wetter mitspielen, damit wir unsere Messgeräte ausbringen können. Wenn man verlässliche Voraussagen treffen will über Veränderungen in den Ozeanen, dann brauchen wir Tiefseeobservatorien, also Dauerstationen am Meeresboden, die mit unseren Computern an Land verbunden sind und uns Langzeitdaten liefern.

Bild eines Tauchroboters unter Wasser
Was ist die eindrücklichste Erinnerung, die Sie von der Expedition haben? 

Die wunderbare Einfahrt in den Drygalski-Fjord, der rauchende Vulkan auf Saunders Island, die Hydrothermalfelder, die wir am Meeresboden neu entdeckt haben, Nachtschichten im Sturm mit intensiven Gesprächen, um dem Meer noch ein wenig tiefer auf den Grund zu gehen.


Zum heutigen Welttag der Ozeane: Welche Rolle hat die Forschung im Jahre 2020, angesichts von Überfischung, Meeresverschmutzung und Klimawandel? 

 Die Meeresforschung untersucht und dokumentiert den jeweiligen Zustand der Ozeane. Mehr als 70% unserer Erde wird von Meeresgebieten eingenommen, die mit den Landgebieten unseres Planeten in einem ständigen, globalen Austausch stehen und sich gegenseitig beeinflussen. Wir müssen Veränderungen in den Ozeanen erfassen und gut kennen, um Prognosen für den menschlichen Lebensraum auf der Erde zu geben.


"Kurz gesagt, um überleben zu können, brauchen wir die Meeresforschung."



Wieso ist es wichtig, Forschungsergebnisse auf diesem Weg digital zu teilen?  

 In der Meeresforschung arbeiten wir stets vernetzt und tauschen große Mengen an Daten aus. Es ist spannend, wenn aus reinen Datenströmen durch die richtigen Fragen dann Wissen und Erkenntnis erwächst und zu neuen Fragen führt. Diesen Prozess und unsere Arbeit digital mit Menschen zu teilen und neue Vernetzungen zu schaffen, ist wichtig, weil die Natur im digitalen Raum den Blick auf die Ozeane vertiefen kann und natürlich auch die Schönheit des Meeres in Momenten zeigt, die sonst nur sehr selten oder gar nicht zu sehen sind. So wie Humboldt einst sein „Naturgemälde“ schuf, in dem er alle ihm verfügbaren Daten visualisierte, können wir heute gemeinsam an einem neuen, digitalen Naturgemälde arbeiten und alle Protagonisten des Projektes fühlen sich dabei auf einer Plattform wie Google Arts & Culture sehr gut verstanden.

Illustration, die den Schriftzug "What Kind of ocean do you want to remember" zeigt

Passend zum Thema Meeresforschung ist zudem zum Weltumwelttag das interaktive Kunstwerk ‘Acidifying Ocean’ der italienischen Künstlerin Cristina Tarquini online gegangen, das sich anhand einer Datenvisualisierung mit den Auswirkungen steigender Temperaturen und dem steigenden CO2-Gehalt in den Weltmeeren auseinandersetzt. Das Experiment wurde im Rahmen des Projekts “Heartbeat of the Earth” veröffentlicht, das in Zusammenarbeit zwischen dem Google Arts & Culture Lab und dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) zum Weltumwelttag entstanden ist. Neben ‘Acidifying Ocean’ zeigen drei weitere künstlerische Experimente die Auswirkungen des Klimawandels, wie den Rückgang der Gletscher, steigende Meeresspiegel und den CO2-Fußabdruck von Nahrungsmitteln.